Im jagdbaren Wild begegnen uns mehrere Tierarten mit einem “Kopfschmuck”. Einige haben ein Geweih und einige ein Gehörn. Es ist wichtig, den Unterschied zu kennen, denn er wird in der Jägerprüfung gerne abgefragt.
Gemeinsamkeiten von Geweih und Gehörn
Auch wenn Geweih und Gehörn anatomisch wenig bis gar nichts miteinander zu tun haben, so gibt es doch einige Gemeinsamkeiten. In der Biologie gibt es daher den gemeinsamen Oberbegriff der Stirnwaffenträger (Wikipedia).
- Die Stirnwaffen sitzen, wie der Name es schon sagt, auf der Stirn, sie sind mit dem Schädelknochen verbunden.
- Bei den meisten Stirnwaffenträgern hat nur das männliche Stück ein Geweih bzw. ein Gehörn. Wenn beide Geschlechter damit ausgestattet sind, dann ist es typischerweise beim weiblichen Stück deutlich kleiner.
- Das Geweih oder Gehörn kann zur Verteidigung eingesetzt werden oder auch im Brunftkampf eingesetzt werden.
- Auch abseits vom Kampf dienen Geweih und Gehörn zum Imponieren.
Welche Tierarten haben ein Geweih?
Die Geweihträger heißen biologisch auch die Cerviden. Dieses Wort stammt ab von dem lateinischen Wort für Hirsch (“cervus”). Es sind also die Hirschverwandten.
Beim jagdbaren Wild zählen dazu:
- Rotwild
- Damwild
- Sikawild
- Rehwild
- Elchwild (in Deutschland selten)
- sowie das Rentier, das aber in Deutschland nicht wild vorkommt. Es ist im Jagdgesetz daher auch nicht aufgeführt.
Bei unseren heimischen Cerviden haben ausschließlich die männlichen Stücke ein Geweih, die weiblichen nicht. Beim Rentier haben aber beide Geschlechter ein Geweih. Es gibt in anderen Ländern einige wenige Cervidenarten, bei denen beide Geschlechter kein Geweih haben. Als Beispiel sei das Wasserreh aus Asien genannt. (Wikipedia)
Welche Tierarten haben ein Gehörn?
Die Hornträger (Wikipedia) heißen in der Biologie auch “Boviden”. Darin steckt die lateinische Wurzel “Bos/Bovis”, das Rind. Es sind aus Sicht der Biologie also die Rinderverwandten.
Beim jagdbaren Wild zählen dazu:
- das Wisent: das einzige Wildrind, das wir in Deutschland haben
- das Muffelwild: ein Wildschaf, das ursprünglich aus Korsika und Sardinien stammt, aber mittlerweile auch in Deutschland heimisch ist
- Gamswild und Steinwild, zwei Verwandte der Ziegen
Achtung Ausnahme: Rehwild hat ein “Gehörn”
Wir müssen noch eine wichtige Ausnahme behandeln, die vielleicht auch in der Jägerprüfung gefragt wird:
Biologisch gesprochen hat das männliche Rehwild eindeutig ein Geweih. In der Jägersprache wird aber das Geweih des Rehs als “Gehörn” bezeichnet. Und zwar nur beim Reh. Die Hirsche haben ein Geweih.
Den Ursprung dieser Merkwürdigkeit konnte ich nicht aufklären. Auffällig ist nur, dass das Rehgeweih kleiner ist das das der Hirsche und dass das Reh zum Niederwild zählt und nicht wie die Hirsche zum Hochwild.
Geweih und Gehörn unterscheiden sich im Material
Das Geweih wird aus Knochen gebildet. Es wächst auch direkt aus dem Stirnknochen, aus einem Vorsprund, der sich Rosenstöcke nennt.
Das Horn besteht aus (Wikipedia: Hornmaterial) Keratin. Das ist das Material, aus dem auch die menschlichen Haare und Fingernägel bestehen, sowie die Schalen des Schalenwilds. Das Horn sitzt hierbei auf einem längeren Stück Knochen, der ein Stück des Horns von innen ausfüllt.
Geweih und Gehörn unterscheiden sich in der Bildungsweise
Das Gehörn wächst innen. Von innen wird Schicht um Schicht von einer Hautschicht neu gebildet. Diese sondert immer wieder eine neue Schicht Hornmaterial innen ab und schiebt das gesamte Horn dabei nach außen. Das Horn besteht damit immer aus totem Material, genauso wie unsere Haare oder Fingernägel aus totem Material bestehen.
Das Geweih wächst hingegen an den Spitzen. Das neue Geweih fängt am Rosenstock an und wächst von dort aus nach außen. Es ist während des Wachstums mit einer flauschigen Schutzschicht umgeben, dem Bast. Im Bast laufen Blutgefäße zur Versorgung des Knochens. Dieser ist während des Wachstums lebendiges Gewebe.
Sobald das Geweih fertig ist, stirbt der Bast ab und löst sich vom Geweih. Der fertige Knochen bleibt stehen. Da dieser Knochen aber nicht mehr durchblutet werden kann, stirbt er ab. Einige Monate später, nach der Brunft wird dieser Knochen, das Geweih, abgeworfen und bald darauf bildet sich das nächste Geweih.
Während des Wachstums ist das Geweih empfindlich und kann nicht zum Kampf eingesetzt werden. Verletzungen am Bast sind für den Hirsch schmerzhaft und bringen auch die Gefahr mit sich, dass das Geweih nicht richtig zu Ende wächst.
Geweih und Gehörn unterscheiden sich in der Haltbarkeitsdauer
Das Gehörn bleibt ein Leben lang erhalten. Es kann bei Beschädigungen nicht neu gebildet werden. Es wächst zeitlebens weiter, im Alter aber langsamer. Gegebenenfalls wird es an den Enden abgenutzt, wo dass es dann trotz Wachstum der Hornsubstanz nicht länger wird.
Das Geweih wird einmal im Jahr abgeworfen und bald darauf neu gebildet. Ein beschädigtes Geweih, z.B. ein abgebrochenes Geweih, ist im Folgejahr dann für den Hirsch kein Problem mehr, es wird einfach ersetzt.
Maßgeblich dafür ist aber, dass die Rosenstöcke nicht beschädifgt wurden. Verletzte Rosenstöcke können unter Umständen im nächsten Jahr kein neues Geweih bilden. Das wäre auch ein Grund für einen Abschuss dieses Hirsches.
Beispiele für den Einsatz von Geweih und Gehörn
Die beiden folgenden Videos zeigen eindrücklich, was ein Geweih oder ein Gehörn aushalten müssen:
Hier der Kampf zwischen zwei Mufflons, also der Einsatz vom Gehörn:
Und hier der Einsatz des Hirschgeweihs. Man sieht hier gut die Wirkung der Enden des Hirschgeweihs: beide Geweihe verhaken sich ineinander. Das Verletzungsrisiko wird dadurch verringert. Die Enden des Geweihs erreichen das Fell des Gegenübers meist nicht.
In diesem Video wurde der Brunftkampf auf einer asphaltierten Straße ausgetragen, dadurch ist keine Vegetation im Weg, die den Blick auf die Auseinandersetzung stören könnte:
mögliche Prüfungsfragen
Der Unterschied zwischen Hornträgern und Geweihträgern ist markant und lässt sich gut in Prüfungsfragen verpacken wie:
- Welche der folgenden Schalenwildarten wirft ihren Kopfschmuck nicht ab? => die Hornträger aus der danach genannten Auswahl
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